Erinnerung ist das Geheimnis der Versöhnung -
Projektfahrt nach Auschwitz und Krakau im Herbst 1999

Inhalt:


Widerstandsbewegungen im Lager

Die SS wollte durch Terror, Hunger, unerträgliche Lebensbedingungen, schwerste körperliche Arbeit, andauernde Lebensgefahr und fehlenden Kontakt zu den Familien die Häftlinge physisch und psychisch brechen, um so willenlose Werkzeuge aus ihnen zu machen. Trotzdem kapitulierten zahlreiche Häftlinge nicht und bewahrten ihre Menschenwürde. Sie gaben die Hoffnung ihre Freiheit wieder zu erlangen nicht auf und leisteten den verbrecherischen Absichten der Lagerbehörden Widerstand. Sie erreichten trotz der strengen Isolierung des Lagers, daß nicht nur die Bevölkerung der umliegenden Gebiete, sondern auch die ganze Welt schon während des Krieges von den grausamen Verbrechen in Auschwitz erfuhr.

Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 entstanden die ersten Organisationen. Sie unternahmen Hilfsaktionen für Mithäftlinge und hielten über die Bevölkerung im Umkreis Verbindungen zu entsprechenden Organisationen in Krakau und Warschau aufrecht, denen sie Informationen aus dem Lager übermittelten.
Besonders Berufsoffiziere (z.B. Witold Pilecki) waren im Lager sehr aktiv. Sie organisierten vor allem Lebensmittel und warme Kleidung, stärkten die Moral der Häftlinge und verbreiteten im Lager Nachrichten von außen. Sie halfen Häftlingen bei der Flucht und konnten so über diese wieder neue Informationen nach außen weitergeben.
Der bereits oben genannte Rittmeister Witold Pileck konnte ebenfalls fliehen. Er überbrachte Dokumente über faschistische Verbrechen aus dem Lager und plante mit Hilfe von Untergrundorganisationen die Befreiung des Lagers.
Außerdem entstanden im Lager auch Militärgruppen. Ihre Hauptziele waren, die Häftlinge im Krankenbau vor Selektionen zu retten, Häftlingen in der Stafkompanie zu helfen und zusätzliche Nahrungsmittel zu organisieren.
Ende 1942 haben sich die vielen kleinen Organisationen zusammengeschlossen und bekamen ihre verschiedenen Aufgabengebiete zugeteilt.
1943 unternahmen die Lagerbehörden einige Offensivmaßnahmen, um die Bewegungen zu zerschlagen. Sie ließen über100 verdächtige Häftlinge erschießen, erreichten ihr Ziel aber nicht. Die militärische Leitung wurde zwar aufgelöst, aber es entstanden zwei neue Zentren der Widerstandsbewegung. Die Erste im Stammlager (Sozialistische Partei Polens: PPS, Kommunisten, Parteilose). Die Zweite in Birkenau, die aus mehreren linken Gruppen bestand.
Die beiden Zentren standen in ständigem Kontakt und trafen unter anderem Vorbereitungen zur Selbstverteidigung im Falle eines Aufstandes im Lager oder eines Versuches der Liquidierung aller Häftlinge durch die SS.
Mitglieder, die in Arbeitskommandos tätig waren und sich so auf dem ganzen Gelände bewegen konnten, übernahmen die Aufgabe von Verbindungsleuten zwischen den einzelnen Widerstandsgruppen im Frauen- und Männerlager, überbrachten Lebensmittel, Medikamente und Dokumente.
Neben der polnischen Widerstandsbewegung entstanden Ende ´42, Anfang ´43 im Lager Auschwitz auch andere nationale Bewegungen, z.B österreichische, französische und belgische. Sie waren meist schon vor der Verhaftung und in anderen Lagern aktiv gewesen.
Zahlenmäßig stark und besonders aktiv war die russische Gruppe. Sie arbeitete sowohl in Auschwitz, als auch in Birkenau.
1943 entstanden eine deutsche, tschechische, jugoslawische und jüdische Gruppe.
Die jüdische Gruppierung war am stärksten gefährdet, da die meisten Mitglieder in den Krematorien eingesetzt wurden, wo die Arbeiter, um zu viele Zeugen zu vermeiden, oft ausgetauscht und umgebracht wurden. Diese Gruppe führte 1944 einen Aufstand durch und sprengte eines der Krematorien, worauf ein blutiges Massaker der SS an allen Beteiligten folgte.

Es lag im Interesse der gesamten Widerstandsbewegung im Lager die Tätigkeiten der einzelnen nationalen und der polnischen Widerstandsgruppen zu koordinieren. Auf einer Geheimversammlung im Mai ´43 wurde die internationale Organisation "Kampfgruppe Auschwitz" gegründet. Treffen der Organisationsleitung fanden im Keller des Blocks 4, im Häftlingskrankenbau, statt.
Die polnischen Militärgruppen traten dieser internationalen Organisation erst 1944 bei. Sie nannten sie von nun ab " Militärrat des Lagers " (RWO). Ihr Aufgabengebiet waren militärische Angelegenheiten, die Aufstellung von Kampftruppen und die Zuweisung besonderer Aufgaben.
Die Tätigkeit der RWO umfaßte nur das Stammlager und Birkenau. In Monowitz bestand eine gesonderte Organisation mit eigener Leitung. Beide Organisationen standen jedoch in Verbindung.

Das Ziel aller Gruppen war einerseits, den Häftlingen ein überleben im Lager zu ermöglichen, was bedeutete, ihnen materielle Hilfe zukommen zu lassen, und zwar in Form von Medikamenten, Lebensmitteln und Kleidung; sie vor der Vernichtung zu bewahren und Fluchtversuche zu organisieren; und andererseits Nachrichten über die Situation im Lager zu sammeln und weiterzugeben.

Sabrina Holzinger



© 1999-2000 Projektgruppe Auschwitz