Erinnerung ist das Geheimnis der Versöhnung -
Projektfahrt nach Auschwitz und Krakau im Herbst 1999

Inhalt:


Nachbereitungsseminarauf der Burg Liebenzell
Unternehmen Wüste

Unter diesem Decknamen wurde 1944, in der Spätzeit des Naziregimes, der Bau von 10 Ölschieferwerken in Württemberg und Hohenzollern entlang der Bahnlinie Tübingen - Rottweil angeordnet.
Zur gleichen Zeit wurde Paris schon von amerikanischen und französischen Truppen befreit, doch die deutsche Kriegswirtschaft brauchte dringend Öl, denn die von der Wehrmacht eroberten sowjetischen Ölfelder waren nach der Niederlage bei Stalingrad 1943 verlorengegangen. Um den gefährdeten Treibstoffnachschub zu sichern, wurde nun versucht, aus Schiefer Öl zu gewinnen, immer noch mit der Hoffnung auf den Endsieg.
Für das Unternehmen "Wüste" stellte die SS in sieben Konzentrationslagern insgesamt über 10 000 Häftlinge zur Verfügung, die als billige Arbeitskräfte in den Ölschieferwerken ausgebeutet wurden. Die Lager befanden sich in Bisingen, Dautmergen, Dormettingen, Erzingen, Frommern, Schömberg und Schörzingen. Die hochgestellten Erwartungen des NS-Regimes erfüllten sich jedoch nicht.
Das Unternehmen "Wüste" brachte nicht die erhoffte Kriegswende. Nur in vier von 10 Ölschieferwerken konnte bis Kriegsende die Produktion notdürftig anlaufen.
Das Ölschieferprojekt war ein wahnwitziges und sinnloses Unterfangen, das in kurzer Zeit über 3480 Menschenleben kostete. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Toten, die nach der Auflösung der Konzentrationslager auf den "Todesmärschen" vor Erschöpfung starben oder von der SS erschossen wurde.
Am Freitag besuchten wir nun den Ort, an dem sich früher das KZ-Dautmergen befand. Heute sind dort nur noch Felder und zwei Aussiedlerhöfe zu sehen, doch mit Hilfe der Luftbildaufnahmen, zu Weihnachten 1944 von den Allierten gemacht, die uns Immo Opfermann zeigte, konnten wir uns einigermaßen vorstellen, wie es damals aussah.
Auch Stanislaw Gladyszek, unser Zeitzeuge, den wir in Ausschwitz kennengelernt hatten, war mitgekommen und erzählte uns von seiner Häftlingszeit in Dautmergen.
Später besichtigten wir auch den KZ-Friedhof Schörzingen mit seiner Kapelle und den Eckerwaldgedenklehrpfad.
Dort wurde nochmals deutlich, wie sinnlos und unrentabel die Ölschieferwerke waren:
1 Liter Öl kostete damals 2 Pf, die Her-stellungskosten durch Ölschieferproduktion (hoher Energieverbrauch) betrugen jedoch 1,50 Mark. Vernichtung durch Arbeit, Strafe, Schinderei und Ausbeutung verdeutlicht wohl am ehesten, was damals dort geschah.
Man versuchte, alle Kräfte und möglichst viel Arbeitsleistung aus den Opfern herauszuholen und sie dann ihrem aufgezwungenen Elend zu überlassen.

Der Rastatter Prozess
Zwischen Dezember 1946 und Frühsommer 1947 wurden in Rastatt 550 Personen (SS-Leute, Wachmannschaften und Kommandoführer) zur Verantwortung gezogen. Von den über 40 Angeklagten der sieben "Wüste-Lager" nur Erwin Dold, letzter Kommandant des KZ-Dautmergen, wegen erwiesener Unschuld freigesprochen.

Karin Augsten
Quellen:
1) "Das Unternehmen "Wüste", Leitfaden und Materialien zur Ausstellung in der ehemaligen Baracke auf dem Gelände des Oberschulamtes Tübingen
2) Christine Glauning, Das Unternehmen "Wüste", in Möglichkeiten des Erinnerns



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