Erinnerung ist das Geheimnis der Versöhnung -
Projektfahrt nach Auschwitz und Krakau im Herbst 1999

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Entschädigung für ZwangsarbeiterInnen

Während des Zweiten Weltkrieges wurden etwa zwölf Millionen Menschen vom Deutschen Reich zu Zwangsarbeit gezwungen. In der Landwirtschaft betrug der Anteil ausländischer ZwangsarbeiterInnen fast 50 Prozent, in der Industrie lag er bei knapp 40 Prozent.
Die ZwangsarbeiterInnen waren größtenteils OstarbeiterInnen aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Polen, zwei Millionen Kriegsgefangene und mehrere hunderttausend überwiegend nichtjüdische KZ-Häftlinge - meist aus Mittel- und Osteuropa stammend. Bei Kriegsende existierten mehr als 1000 KZ-Außenlager, die sich direkt auf oder in der Nähe von Firmengeländen befanden.
Entschädigung für das ihnen zugefügte Leid, für den entgangenen Lohn und für den Profit, der mit ihrer Arbeit gemacht wurde, haben die ZwangsarbeiterInnen nie erhalten.
Die Mehrheit von ihnen dürfte heute nicht mehr am Leben sein, das Leiden der Zwangsarbeit blieb nicht ohne Folgen.
In den letzten Jahren ist der Mythos, dass den Firmen die ZwangsarbeiterInnen staatlicherseits aufgezwungen worden seien, gründlich widerlegt worden. Firmen haben sich aktiv um die Abstellung von ZwangsarbeiterInnen bemüht. Die Unternehmen haben vom Einsatz der ZwangarbeiterInnen profitiert: Die Produktionskapazitäten wurden erweitert, neue Werke gebaut, Maschinenparks in vor Bombenangriffen geschützte Höhlen verlagert und vieles mehr. Den ZwangsarbeiterInnen verdanken viele Unternehmen relativ gute Startbedingungen nach Kriegsende.
Die Entschädigungsfrage wird erst heute - über 50 Jahre nach Kriegsende! - ernsthaft diskutiert, weil Klagen wegen Zwangsarbeit jahrzehntelang vor deutschen Gerichten keine Chance hatten. Entschädigungen haben bisher nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder räumlicher Beziehung zur BRD bzw. dem Deutschen Reich bekommen (5-10% aller Verfolgten). Israel und die Claims Conference, ein jüdischer Dachverband, erhielten Pauschalzahlungen. Einige wenige Unternehmen zahlten für ehemalige jüdische ZwangsarbeiterInnen. Seit Anfang der 90er Jahre arbeiten in Mittel- und Osteuropa Stiftungen, die mit Bundesmitteln ausgestattet sind und in Einzelfällen an NS-Verfolgte "humanitäre Hilfe" auszahlen (Beträge zwischen 200 und 1000,- DM).

Erst 1996 hat das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass individualrechtliche Ansprüche von ZwangsarbeiterInnen seit dem 'Zwei plus Vier-Vertrag' auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland gestellt werden können. Mit dieser Entscheidung ist der Weg vor die deutschen Gerichte geöffnet worden.
Um die Antragsflut vor Gerichten einzudämmen und den Opfern den Klageweg zu ersparen, wurde eine Stiftungsinitiative ins Leben gerufen. Ein Entschädigungsfond von ca. 10 Milliarden DM soll zum Teil von den Industrieunternehmen, die ZwangsarbeiterInnen beschäftigt haben und zum Teil vom deutschen Staat aufgebracht werden, um ZwangsarbeiterInnen zu entschädigen. Nicht berücksichtigt werden sollen dabei alle, die auf dem Territorium der von der Wehrmacht besetzten Länder zur Zwangsarbeit gepresst wurden und die in der Landwirtschaft eingesetzten ZwangsarbeiterInnen, weil sie nicht so schlimmen Haftbedingungen unterlagen wie in KZs oder Zwangsarbeiterlagern. Trotz allem waren sie aus der Heimat - unter Androhung von Gewalt - verschleppt und mussten Jahre von der Familie getrennt in einer ihnen feindlich gesinnten Umgebung verbringen und schwer arbeiten.
Wenn das Gesetz zur Entschädigung durchkommt, erlöschen alle Ansprüche wegen NS-Unrechts, auch wenn diese nichts mit Zwangsarbeit zu tun haben. Die Antragsfrist würde 6 Monate betragen und die Beweislast muss von den AntragstellerInnen getragen werden. Im Gesetzentwurf ist vorgeschlagen worden, erst 30% der zu erwartenden Summe auszuzahlen, weil über die endgültige Höhe erst nach der Sammlung aller Ansprüche entschieden werden könne. Viele ehemalige ZwangsarbeiterInnen werden bis zur endgültigen Auszahlung verstorben sein. Dann sind die Ansprüche jedoch vererbbar.
In dem Entwurf sind einzelne Quoten für die betroffenen Länder vorgesehen, deren Verteilung von Partnerorganisationen und in den USA von den Anwälten vorgenommen werden sollen. Besser wäre es, wenn die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen Individualansprüche an eine Bundesstiftung vorbringen könnten.

(Zusammenfassung einer Information der IG Metall zur Zwangsarbeiterproblematik)



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