Erinnerung ist das Geheimnis der Versöhnung -
Projektfahrt nach Auschwitz und Krakau im Herbst 1999

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Die Geschichte der Juden in Magdeburg

Die ersten Juden siedelten sich im Jahre 957 in Magdeburg an. 1012 existierte bereits eine größere Judengemeinde in Magdeburg. Während der Zeit des ersten Kreuzzuges Ende des 11. Jahrhunderts wurden die Juden auch in Magdeburg verfolgt und ermordet.
1146 kehrten die Überlebenden zurück; 1215 führte Kaiser Otto IV. einen Krieg gegen Magdeburg und den Erzbischof Albrecht II., wobei das Judendorf geplündert und zerstört wurde. Später wurde es auf Kosten der Juden wiederaufgebaut. 1261 wurde das Judendorf ein zweites Mal ausgeplündert und zerstört, weil Erzbischof Ruprecht die leere Staatskasse auffüllen wollte. Die Schuld an einer hohen Sterblichkeitsrate im Jahre 1384 schob man den Juden zu, was Verfolgung und Unterdrückung mit sich brachte.
1492 mußten alle Juden Magdeburg verlassen; der Grund dafür waren erneute "Judenkrawalle". Das ehemalige Judendorf wurde nun "Mariendorf" genannt, auch die Synagoge hieß von nun an "Marienkapelle". Die Judenansiedlung war offiziell verboten.
Im Jahr 1705 fand der erste Jude seit 200 Jahren eine Aufnahme in Magdeburg. Später folgten andere; sie mußten Magdeburg allerdings 1717 wieder verlassen.
1807 bekamen jüdische Mitmenschen die allgemeinen Bürgerrechte zuerkannt. Sie konnten sich ungehindert niederlassen und ihre Religion frei ausleben. 1840 lebten 599 Juden in Magdeburg; 1900 waren es fast 2.000!
Im ersten Weltkrieg starben 36 jüdische Bürger an der Front. In der sogenannten Reichskristallnacht (09./10.November1938) wurden die Juden mißhandelt, ihre Geschäfte verwüstet und ihr Eigentum wurde beschlagnahmt. Die Synagoge und der jüdische Friedhof sind zerstört worden. Ein Großteil der Magdeburger Juden wurde nach Buchenwald ins Konzentrationslager verschleppt, später viele nach Auschwitz deportiert. Insgesamt verloren 1.521 jüdische Bewohner Magdeburgs während des Nationalsozialismus ihr Leben.
1946 lebten nur noch 119 Juden in Magdeburg.
Während zu DDR-Zeiten die Magdeburger Jüdische Gemeinde sehr klein war, ist sie heute wieder im Wachsen begriffen, insbesondere durch Zuwanderung aus Osteuropa. Inzwischen gehören zur jüdischen Gemeinde wieder mehr als 300 Personen.

Die Synagoge
Dresden, Straßenbahnlinie 3, aus dem Lautsprecher ertönt die Ansage:
"Nächste Haltestelle: Rathenauplatz, Synagoge". Da fragt ein Kind, dass alle im Wagen es hören können: "Mutti, was ist eine Synagoge?" Alle sind gespannt, was die Mutti antworten wird. Sie bekommen zu hören:
"Eine Synagoge ist eine Kirche für die Juden. Wir Christen haben unsere christlichen Kirchen, die Juden haben ihre Synagoge. So ist es richtig.
Jeder hat sein eigenes Haus. Wir Christen gehen in unsere Kirche, die Juden in ihre Synagoge." Soweit der Kommentar der Mutter.
(Ausschnitt aus: Tag des Herrn 10/99)

Die neuzeitliche jüdische Gemeinde der Stadt Magdeburg hatte anfangs keine Synagoge, sondern nur Betstuben. 1851 errichtete die Gemeinde eine Synagoge in der Alten Schulstraße; die Einweihung erfolgte am !4.September 1851. Die Gemeinde wuchs. Ein Schulhaus wurde errichtet und eine bauliche Erneuerung der Synagoge durchgeführt.
Die Magdeburger Zeitung schrieb am 29.September 1897:
"die Synagoge ist sowohl im Innern wie im Äußern vollständig umgewandelt und es ist ein stattliches, im maurischen Stil gehaltenes Gebäude geworden, das schon mit seinen äußeren Formen das Auge fesselt und im Innern mit seiner einfach vornehmen zweckentsprechenden Einrichtung einen würdigen Eindruck macht. Die Architektur darf als gediegen bezeichnet werden."
Die Synagoge wurde samt Kult- und Einrichtungsgegenständen in der sog. Reichskristallnacht zerstört. Ein Jahr später erfolgte auf Anordnung der Stadtverwaltung die Sprengung der Synagoge. 1988 errichtete die Stadt dort anläßlich des 50. Jahrestages der "Kristallnacht" ein Mahnmal, das an die ermordeten jüdischen Bürger Magdeburgs erinnert. Dieses Mahnmal steht dort, wo einst die Synagoge war, in der heutigen Julius-Bremer-Straße. Die Stelle, wo die Synagoge stand, soll demnächst umbenannt werden in "An der Alten Synagoge".

Die heutige jüdische Gemeinde in Magdeburg hat ihren Sitz in der Gröperstraße am Neustädter Bahnhof. In einem Wohnhaus ist dort ein kleiner Synagogenraum. Die Gemeinde hofft auf Unterstützung, um bald in der Nähe ein größeres Gebäude zur Synagoge umbauen zu können.

Die jüdische Schule
Die Bildungsstätte wurde 1834 feierlich eröffnet. Ihr erster Leiter war bis 1862 Rabbiner Dr. L. Philippson. Die Gemeinde baute ein neues modernes Schulhaus, als das erste zu veralten begann. Man baute ein sich an die Synagoge anschließendes Gemeindehaus. (Einweihung: 1898) Lehrer wurden ab 1881 erstmals im Hauptberuf eingestellt. Die höchste Anzahl an Schülern betrug 287 Kinder.

Die jüdischen Friedhöfe
Der erste jüdische Friedhof befand sich in der Nähe der Elbe. Dieser wurde 1312 und 1383 vergrößert. Nach der Vertreibung der Juden 1493 wurde der Friedhof aufgeteilt, später zerstört und in einen Acker umgewandelt. Die Grabsteine mit hebräischer Schrift wurden verwendet, um Straßen und Häuser zu bauen.
Der zweite Friedhof wurde 1816 in Sudenburg eingeweiht. Er ist heute fast zwei Hektar groß. 1864 erfolgte der Umbau und die Erweiterung der Trauerhalle. Der Friedhof ist von einer Steinmauer umgeben; die Friedhofsanlage besitzt einen hohen historischen Wert.
Auf dem jüdischen Friedhof stehen heute drei Gedenksteine:
einer für die im ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Gemeindemitglieder,
ein weiterer zur Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus,
der dritte zum Gedenken an über eine Millionen ermordeter jüdischer Kinder.
Jedes Jahr am 9. November findet hier ein Gedenkfeier statt.

Ein weiterer Friedhof wurde 1839 erworben. Er wurde allgemein als "Judenkirchhof" bezeichnet. Diese Ruhestätte existierte nur kurz; heute erinnert nichts mehr an sie.

Laura Quensell



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